01.03.2019: Im August 1975 wurde ich als Mitglied der Volksfedaian, einer linken Partei, verhaftet und in das Evin-Gefängnis in Teheran gebracht. Hätte man mir zu dieser Zeit im Gefängnis gesagt, dass weniger als vier Jahre später eine Revolution stattfinden würde; ich hätte es nicht für möglich gehalten.
Ich versuche in diesem Beitrag die Revolution aus zwei verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten: aus dem Gefängnis und in der Gesellschaft. Was ist passiert und wieso?
1975: Im Gefängnis
Im August 1975 wurde ich als Mitglied der Volksfedaian, einer linken Partei, verhaftet und in das Evin-Gefängnis in Teheran gebracht. In der Haft traf ich nicht nur die politischen Gefangenen aus meiner Generation, sondern auch die aus der Generation meines Vaters. Es waren überwiegend Linke, die meisten von ihnen von der Tudeh Partei. Viele von ihnen waren seit 1953 inhaftiert. Die Tudeh-Partei war die erste linke und auch moderne Partei Irans und wurde 1941 gegründet; nach dem Putsch gegen Mossadegh 1953 wurde die Partei unterdrückt und ihre Mitglieder verfolgt, verhaftet und hingerichtet. Viele flohen ins Exil in die Sowjetunion.
Hätte man mir zu dieser Zeit im Gefängnis gesagt, dass weniger als 4 Jahre später eine Revolution stattfinden würde; ich hätte es nicht für möglich gehalten.
Aber ich war fest davon überzeugt, dass, wenn sich die politische Lage ändern würde, die Linken mit Sicherheit eine wichtige Rolle spielen würden. Die Gründe hierfür lagen für mich klar auf der Hand: In den siebziger Jahren stellten Linke die Mehrheit der politischen Häftlinge. Sie waren Schriftsteller, Intelektuelle und die Mitglieder der Tudeh Partei, der Volksfedaian, der Volksmojahedin und anderer kleiner linken Gruppierungen wie die Maoisten und Trotzkisten. Auch die jüngeren Häftlinge stammten allesamt aus der Studentenbewegung, die überwiegend zum linken Spektrum gehörte. Die religiösen Gefangenen hingegen befanden sich in der Minderheit.
Chosrau Golesorchi war Mitglied der Organisation der Volksfedaian-Guerilla Iran. Der Prozess vor einem Militärgericht wurde in Ausschnitten im iranischen Fernsehen ausgestrahlt. Er wurde am 17. Februar 1974 in Teheran hingerichtet. |
Nach zwei Jahren, 1977, spürten wir einige Erleichterungen. Das betraf die Haftbedingungen allgemein sowie die Vernehmungen. Zum Beispiel: Die Fenster unserer Zellen waren zu Beginn dick mit Farbe bestrichen, was uns den Blick nach draußen unmöglich machte.
Eines Tages plötzlich kam die Ansage, dass wir die Fenster putzen und die Farbe entfernen durften! Uns bedeutete das damals viel, wir konnten den Himmel sehen und sogar mit anderen Häftlingen kommunizieren! Doch nicht nur das, wir bekamen sogar einen Fernseher und Zeitungen und Bücher in die Zelle!
Kurz darauf besuchten uns das Internationale Rote Kreuz und Amnesty International. Für uns kamen diese Ereignisse aus dem Nichts, wir nannten sie im Gefängnis "Jimmykratie", weil es der Druck von Jimmy Carter auf den Schah war, der es möglich gemacht hatte.
In der Gesellschaft
Inzwischen war der Shah auf dem Höhepunkt seiner Macht, nachdem der Iran von 1942-1977 eine kleine industrielle Revolution durchlaufen hatte.
Der Druck Carters auf den Shah hatte auch in der Gesellschaft Auswirkungen und führte zu einer politischen Öffnung im Iran. 1977 kam die Administration von Präsident Carter an die Schalthebeln in Washington. Menschenrechte waren auf der Agenda des neuen Präsidenten, der damit vor allem die Sowjetunion unter Druck setzen wollte. Um dieser Agenda einen glaubwürdigen Anstrich zu verleihen, forderten die USA auch von dem mit ihnen verbündeten Schah eine politische Öffnung. Widerwillig kam der Schah dem Wunsch der USA nach. Die darauf folgende relative Lockerung der polizeistaatlichen Kontrollen ermöglichte den Schah-Gegnern die Organisation von Protesten.
Zum Beispiel fanden zu dieser Zeit 10 Nächte lang Lesungen im Goethe Institut in Teheran statt, was für die damalige Zeit höchst bemerkenswert war. Die Lesungen handelten von Poesie und Literatur. Die Vortragenden waren zumeist Linke und Intelektuelle. Das Publikum bestand ebenfalls überwiegend aus Linken und der modernen Mittelschicht und Studenten. Nach jeder Lesung gab es kleine Demonstrationen, auf denen die Freilassung der politischen Gefangenen gefordert wurde und auf denen Sprechchöre wie "Nieder mit der Diktatur" skandiert wurden. Die Proteste wurden von den Sicherheitskräften zerschlagen und es kam zu Verhaftungen. Die Verhafteten waren die jungen Studenten, die ich im Gefängnis traf. (siehe z.B. "Das Goethe-Institut in Teheran und die Revolution von 1979")
Universität gegen Moscheen!
Die politische Öffnung auf Druck der USA empfand Khomeini als substanzloses Schauspiel, als eine Lüge. Erst als er von diesen Lesungen und den Ereignissen danach erfuhr, änderte sich seine Meinung, und er warnte seine Anhänger davor, die Kontrolle über die Situation den Linken – oder wie er sagte, den "Kommunisten" - zu überlassen.
Bis dahin kann man ein Gleichgewicht zwischen Linken und religiösen Kräfte konstatieren, das sich später radikal änderte.
Danach fanden einige Ereignisse statt, die zu einer Kettenreaktion führten und eine wichtige Zwischenetappe auf dem Weg zur Revolution bildeten.
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Kundgebung in Qom von Islamschülern. Anlass: Jahrestag des Aufstands Khomeinis aus dem Jahr 1963
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Die Medien bewerteten die Teilnehmer als "rückwärtsgewandte Fanatiker"
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Daraufhin Protest der Islamschüler; Zerschlagung des Protests durch den Geheimdienst; zwei Tote Islamschüler
Aus diesem Anlass riefen die Großajatollahs zu Kundgebungen zur Ehrung der Toten auf, die sich alle 40 Tage wiederholt. Die Kundgebungen wurden von Mal zu Mal größer.
Doch nicht nur die Gegner des Shahs nutzten die politische Öffnung. Auch Parlamentarier und Regierungsbeamte machten von der Situation Gebrauch. Sie kritisierten den Shah und solidarisierten sich teilweise mit den Gegnern des Shahs und distanzierten sich vom Schah.
Der Shah reagierte, indem er seine Premierminister austauschte. Zum Beispiel wurde Amir-Abbas Hoveyda 1977 nach 13 Jahren im Amt entlassen. Ein Jahr später wurde Hoveyda auf Geheiß des Monarchen verhaftet. Hoveyda blieb im Gefängnis, bis ihn Khomeinis Anhänger 1979 kurz nach der Revolution exekutieren ließen. Durch Opfern seiner Handlanger wollte der Shah seine Macht und seinen Einfluss auf das Land zu sichern. Dies sollte jedoch keine Wirkung mehr zeigen. -
Im September 1978 wurden Dutzende Demonstranten in Teheran von den Sicherheitskräften erschossen, nachdem Stunden zuvor der Ausnahmezustand in den größten Städten Irans ausgerufen worden war. Dies war der Moment, in dem eine Aussöhnung von Shah und Volk unmöglich wurde.
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Im Oktober 1978 verlässt Khomeini den Irak und fliegt nach Frankreich.
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In einer Rede im November 1978 sagte der Schah: "Ich habe Eure Stimme gehört, ich habe die Stimme der Revolution gehört." Im Januar 1979 beauftrage der Shah Schapour Bakhtiar, einen Anhänger von Mossadegh, mit der Bildung eines neuen Kabinetts. Dieses Zugeständnis des wankenden Diktators an einige seiner Kritiker kam aber zu spät. Es ist denkbar, dass ein solcher Schritt wirksamer gewesen wäre, wenn er Monate vorher erfolgte.
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Darauf folgten einige große Demonstrationen, unter anderem am "Ashura"-Trauertag am 11. Dezember 1978. Ashura ist ein heiliger Tag für Schiiten, es ist der Todestag ihres dritten Imams, Hussein. An dem Tag kam es zu einer Demonstration mit einer Million Teilnehmern, mit dem Aufruf: "Nieder mit dem Schah". Es waren nicht nur die religiösen Kräfte vor Ort, sondern auch ein Großteil der Linken und Studenten. Neben dem allgemeinen Aufruf "Nieder mit dem Shah" hörte man auch "Es lebe Khomeini" von Tausenden und gar Hundertausenden und von einigen hunderten Menschen "Lange lebe der Fadaiyi" "Lang lebe der Mojahed".
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Im Januar 1979 verlässt der Shah das Land. Die Zeitungen titeln: "Shah raft!" (Der Shah ist weg!) Die Menschen im ganzen Land jubeln und ändern den Spruch der Zeitungen leicht ab: "Shah dar raft" (Der Shah floh).
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Am 1. Februar 1979 kehrt Khomeini aus dem Exil zurück und wird unter Jubelstürmen empfangen.
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Am 9. und 10. Februar 1979 kommt es zu Schießereien in einer Kaserne, nachdem Schah-treue Elitesoldaten die mit der Revolution sympathisierenden Luftwaffentechniker angreifen. Die Menschen, unter ihnen meine Genossinnen und Genossen, eilten mit ihren Waffen dem Luftwaffenpersonal zur Hilfe. Der Kampf breitete sich binnen Stunden von der Kaserne auf den gesamten Stadtteil im Teheraner Osten, von dem Stadtteil auf das ganze Stadtgebiet und von Teheran auf andere große Städte aus.
Stimme der Iranischen Revolution
Stimme der Islamischen Revolution
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Am frühen Nachmittag des 11. Februar hört man im Radio zunächst, dass die Armeeführung ihre Neutralität erklärte.
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Am Abend hörte man dann: "Hier spricht die Stimme der iranische Revolution, die Stimme aller, die für Freiheit und Gerechtigkeit gekämpft haben".
Aber eine Stunde danach kommt diese Ansage: "Hier spricht die Stimme der Islamischen Revolution unter Führung des Imam (Ayatollah) Khomeini."
Dies sollte den Anfang einer neuen Ära in der Geschichte Irans markieren.
Die Ursachen der Revolution – Blick zurück
Aber worauf sind diese Entwicklungen zurückzuführen?
Es ist viel darüber spekuliert worden, wie die Revolution hätte verhindert werden können. Zum Beispiel:
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Wäre es zur Revolution gekommen, wenn der Schah entschiedener gegen die Opposition vorgegangen wäre?
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Wäre der Schah an der Macht geblieben, wenn er nicht an Krebs erkrankt wäre?
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Hätten die einflussreichen Berater des Schah die Revolution verhindern können, wenn sie nicht vorher gestorben wären?
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Hätte es die Revolution gegeben, wenn sich die CIA stärker engagiert hätte?
Solche Gedankenspiele gehen am Kern des Problems vorbei. Sie sind ungefähr so, als wenn man sagte, die Titanic wäre nicht gesunken, wenn die Liegestühle auf dem Oberdeck des Schiffes anders aufgestellt gewesen wären.
Die Revolution wurde nicht durch Fehler der letzten Stunde seitens der damals Herrschenden verursacht.
Der Ausbruch der Revolution war die Folge der langjährigen und zunehmenden Unterdrückung verschiedener Gesellschaftsschichten und der daraus folgenden Wut.
Ein Jahr vor der Revolution saß der Schah auf einem Vulkan
1977, ein Jahr vor der Revolution, saß der Schah auf einem Vulkan. Der revolutionären Entwicklung war ein Prozess der Entfremdung fast aller Teile der Gesellschaft von den Machthabern vorangegangen.
In der Zeit des weltweiten antikolonialen und republikanischen Aufbruchs zeigte sich der Schah zunehmend als arroganter Stammhalter einer Dynastie.
In der Zeit nationaler und antiimperialistischer Bewegungen erschien der Schah als Nutznießer eines von der CIA und der MI6 initiierten Putsches gegen den Premierminister Mossadegh, der als Verkörperung des iranischen nationalen Aufbruchs galt.
Der Schah verachtete die Bewegung der blockfreien Länder und war stolz darauf, im Auftrag des Westens die Rolle des Gendarmen am Persischen Golf zu spielen. In Konflikten wie denen in Vietnam oder dem Nahen Osten ergriff der Schah Partei für den Westen.
Auch innenpolitisch hatte sich der Schah isoliert. Er hatte im Rahmen einer sogenannten "weißen Revolution" von oben eine Klasse enteignet, die bis dahin fest an der Seite der Monarchie gestanden hatte, nämlich die Klasse der Großgrundbesitzer, der Stammesführer der Nomaden und der Besitzenden auf dem Land. Zugleich hatte es der Schah versäumt, die Lebensbedingungen der Bauern zu verbessern. Die Folge der Bodenreform war eine millionenfache Landflucht. Es entstand eine Riesenarmee von Slumbewohnern in den Städten.
1975 ordnete der Schah die Auflösung aller systemtreuen Parteien und die Gründung der Einheitspartei Rastakhiz (persisches Wort für Widerauferstehung) an. Das war ein Affront gegenüber den traditionell eng verbundenen Händlern und Klerikern. Selbst konservative Kleriker solidarisierten sich fortan mit dem damals im irakischen Exil lebenden Ayatollah Khomeini als Reaktion auf eine provokative Aktion eines arroganten Herrschers.
Die Entfremdung vom System erfasste sogar dessen eigenes Personal, das sich im hohen Tempo der unzufriedenen Mittelschicht anschloss. Auf dem Höhepunkt der Revolution war keine bedeutende Gesellschaftsschicht übrig geblieben, die bereit gewesen wäre, sich dem rasanten Untergang der Monarchie in den Weg zu stellen.
Der Sieg der Revolution fiel in den zweiten Wintermonat des iranischen Kalenders, den Monat Bahman. Bahman ist auch das persische Wort für Lawine. Deshalb die Bezeichnung "Bahman-Revolution".
Die Revolution war das Ergebnis zweier Bewegungen
Zur Lawine der Revolution, dem Produkt der Krise des Pahlavi-Staates, kam es durch zwei Trends: die antimodernistische Reaktion der traditionellen Gesellschaft und die antidiktatorische Emanzipation der neuen Mittelschichten in Iran.
Die Revolution war somit das Ergebnis zweier Bewegungen:
Die erste war die Fortsetzung der sogenannten Mashrouee-Bewegung. Mashrouee, wörtlich zu übersetzen mit "der Scharia entsprechend", war die Agenda einiger der islamischen Geistlichen, die Anfang des 20. Jahrhunderts einen Gottesstaat forderten. Sie unterlagen im Ringen mit den Anhängern der konstitutionellen Monarchie, die eine Verfassung und die Einberufung der Nationalversammlung (des Parlaments) durchsetzten. Aber die Scharia-Anhänger gaben nicht auf. Sie waren im gesamten 20. Jahrhundert in der iranischen Politik präsent und fanden ab 1963 ihren prominentesten Repräsentanten in Ayatollah Khomeini. Er wurde zum Sprecher der traditionell ausgerichteten sozialen Schichten und Gruppen, die neben dem Klerus vor allem die aus der Entwurzelung der Bauernschaft stammenden städtischen Schichten sowie die Händler (Basaris) umfassten.
Die zweite Bewegung war die Fortsetzung der konstitutionellen Revolution, die die zentralisierte politische Macht einschränken, das autoritäre Regime ablösen, Freiheiten sichern und die Demokratie etablieren wollte. Hinter dieser Bewegung standen vor allem die modernen sozialen Schichten, insbesondere die neue Mittelschicht. Historisch gesehen gehören die Linken dieser Bewegung an.
In der Revolution bildete sich zwischen diesen beiden Bewegungen eine fragile Koalition, die sich im Kampf für die Abschaffung der Schah-Diktatur einig war.
Das Bündnis zwischen dem Basar (den traditionellen Handelsplätzen) und dem Klerus wurde zur treibenden Kraft der Bahman-Revolution. Dieses Bündnis wurde von religiösen Intellektuellen unterstützt. Die strenge Führung Khomeinis fand großen Anklang bei den Massen und verhalf der revolutionären Bewegung zum Erfolg.
Die moderne Zivilgesellschaft erwies sich als zu schwach, um dem starken Bündnis der Religiösen und der unumstrittenen Führung Khomeinis etwas entgegenzusetzen. Die Religiösen entschieden das Rennen um die Gunst der benachteiligten sozialen Schichten für sich. Diese sahen in der religiösen Bewegung den Ausweg aus der sozialen Stigmatisierung. Khomeini nannte sie die "schwach Gehaltenen" (Mostazafin). Khomeini setzte auf den Hass der "Mostazafin" gegen die "Mostakberin", wörtlich zu übersetzen in "die Arroganten".
Das Ergebnis der islamischen Revolution unter der Führung des schiitischen Klerus war die Bildung einer religiösen Herrschaft, die Einheit von Religion und Staat, genannt "Islamische Republik".
Die Verfassung der Islamischen Republik Iran basiert auf der Herrschaft des Islamismus in der Form der Republik. Die Verfassung sieht die Dominanz der nicht gewählten Institutionen der religiösen Herrschaft über die gewählten Organe wie den Präsidenten und das Parlament.
Außenpolitisch richtete sich die Revolution gegen das ungleiche Verhältnis des Landes zum Westen und insbesondere zu den Vereinigten Staaten. Mit der Revolution wurden die US-Militärberater des Landes verwiesen. Iran trat aus dem Militärpakt Cento mit der Türkei und Pakistan aus und schloss sich der Bewegung der Blockfreien an. Die Revolution setzte der Vorherrschaft des Westens im Iran ein Ende.
Aber der Kampf gegen den Westen setzte sich auch nach der Revolution fort, nunmehr als Kampf gegen die westliche Kultur und die Moderne.
Es ist festzuhalten, dass die inkonsistente Entwicklung, die Mohammad Reza Shah Pahlavi zu verantworten hatte, letztlich die Revolution auslöste. Aber auch die radikale Änderung der US-Politik (Carter-Doktrin, Politische Öffnung) hatte diesen Prozess beschleunigt.
Die Fehler der Linken
Was hätten die Linken also besser machen können? Meiner Meinung nach haben die Linken zwei entscheidende Fehler gemacht.
Der Erste: Unser Verständnis von Unabhängigkeit war falsch. Wir wollten eine unabhängige Industrie, verstanden aber nicht, dass ein unentwickeltes Land eine Industrie nicht aus dem Nichts ohne fremdes know-how aufbauen kann. Weil wir das nicht verstanden, unterstützten wir Khomeinis Forderung nach Unabhängigkeit, was fatal war, weil Khomeini mit Unabhängigkeit eine Anti-Moderne und Anti-Westliche Einstellung propagierte. Das Ergebnis war "Nein zum Westen, nein zum Osten und 40 Jahre "Nieder mit Amerika" und "Nieder mit Israel"!
Der Zweite: Wir hatten keine Vorstellung von liberalen Werten, die die Grundlage einer Demokratie bilden. Wir hatten eine falsche Vorstellung von Demokratie. Wir haben einige Zeit die anti-imperialistische Einstellung Khomeinis unterstützt und haben seinen anti-liberalen Forderungen keine Beachtung geschenkt. Letztendlich sind wir selbst Opfer dieser Missachtung geworden.
Schlusswort
Die Revolution kann auf zwei Kräfte, zwei Gruppen zurückgeführt werden. Auf die modernen und auf die traditionellen Kräfte.
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siehe auch |
Die traditionellen Kräfte wünschten sich den islamischen Gottesstaat und bekamen ihn auch. Die modernen Kräfte hingegen, wollten ein Parlament, die Einschränkung der Macht, Gewaltenteilung und eine säkulare Republik. Die Islamische Republik in ihrer heutigen Form spiegelt nicht alle Kräfte der Revolution wieder und deswegen kann sie auch kein gesellschaftliches Gleichgewicht herstellen.
Die Revolution ist unvollendet.
[1] Zur Person
Mehdi Ebrahimzadeh ist Mitglied des Zentralrats der neuen linken Partei Iran, der »Linkspartei Irans (Volksfedaian)« und Vorsitzender der internationalen Arbeitsgruppe der Partei.
In den 1970er Jahren war er in der Studentenbewegung im Iran aktiv und wurde 1975 als Mitglied der »Volksfedaian« verhaftet. Die Volksfedaian waren eine linke Organisation und Vorgängerorganisation der Linkspartei Irans. Als die Organisation sich nach der Revolution spaltete, war er mit der »Volksfedaian Iran Mehrheit« aktiv, die politisch und gewaltlos gegen die Islamische Republik kämpften und kämpfen.
Im Januar 1985 floh er aus dem Iran, nachdem er ein Jahr im Untergrund gelebt und gearbeitet hatte und lebt seitdem in Berlin im Exil.
Er ist Überlebender des Anschlags, den die islamische Regierung im September 1992 im Berliner Restaurant "Mykonos" auf die iranische Opposition verübte.
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