24. Januar 2020
Iranische Linkspartei - Volksfadaian veröffentlicht Thesen zur Situation in Iran und im Mittleren Osten
Die Iranische Linkspartei - Volksfadaian hat am 21. Januar 2020 in einer Erklärung Thesen zur Situation in Iran und im Mittleren Osten veröffentlicht. Diese Erklärung ist eine Stellungnahme zu den jüngsten Ereignissen: Die Bombardierung von Stellungen schiitischer Milizen im Irak durch die USA, Angriffe der Anhänger dieser Milizen auf die US-Botschaft in Bagdad, die Tötung des Generals Soleimani durch die US-Streitkräfte, der Raketenangriff auf US-Stützpunkte im Irak durch die Islamische Republik Iran sowie der Abschuss der ukrainischen Zivilmaschine durch die iranischen Revolutionsgarden.
Die Thesen der Iranischen Linkspartei - Volksfadaian sind wie folgt:
1. Die Islamische Republik Iran leidet unter den US-Sanktionen, in deren Folge die Ölausfuhren Irans auf weniger als eine halbe Million Barrel pro Tag gesunden sind. Bisher hat das Regime versucht, auf Zeit sowie auf Differenzen zwischen den USA einerseits und der EU sowie Russland und China andererseits zu setzen.
2. Die Massenproteste im Libanon, im Irak sowie in Iran selbst hatten die Position der Islamischen Republik Iran im Mittleren Osten und im Inland geschwächt. Auch die Trump-Administration sah sich aufgrund des Abschlusses einiger Verträge zwischen dem Irak und Russland sowie dem Irak und China im Nachteil. Wegen dieser Entwicklungen und vor dem Hintergrund des Impeachment-Prozesses gegen Trump entschloss sich dieser zu einer Geste der Entschlossenheit, indem er den Befehl zur Tötung von Soleimani und des irakischen Milizenführers Abu Mahdi Mohandes erteilte.
3. Nachdem das iranische Regime durch die Proteste im Irak in diesem Land in die Defensive geraten war, änderten die US-amerikanischen Operationen im Irak die Lage dahingehend, dass die Demonstrationen der Iraker gegen die Islamische Republik Iran nachließen.
4. Die US-Operationen im Irak waren eine eklatante Verletzung der Souveränität dieses Landes und ein Geschenk an das Regime in Iran. Dem iranischen Regime gelang es in der neuen Lage, seine nach den Demonstrationen im November 2019 geschwächte Position in Iran wieder zu stärken.
5. Die Tötung Soleimanis gab der Islamischen Republik die Gelegenheit, in Iran die nationalistische Karte zu spielen. Damit wurden die nach den Protesten im November 2019 entstandenen Risse im Regime vorübergehend überwunden.
6. Die Beteiligung eines Teils der Bevülkerung an den Trauerbekundungen nach dem Tod Soleimanis zeigt, dass dem Regime gelang, durch Schüren einer nationalistischen Stimmung in Iran den wahren Charakter seines abenteuerlichen Kurses im Mittleren Osten zu verschleiern.
7. Der vorher abgestimmte Raketenangriff auf US-Stützpunkte im Irak war dazu bestimmt, die Lage zur Zufriedenheit der USA und der Islamischen Republik zu deeskalieren. Jedoch änderte der Abschuss der zivilen Maschine durch die Revolutionswächter die Situation. Nach drei Tagen der Vertuschung sah sich das Regime gezwungen, die eigene Verantwortung für den Abschuss zuzugeben. Neue Proteste gegen den Abschuss der Linienmaschine und die danach verbreiteten Lügen zerstörten die mit den Trauermärschen für Soleimani verbundene Hoffnung des Regimes, die Wut der Menschen in Iran in Zaum zu halten.
8. Die Proteste nach dem Abschuss der zivilen Maschine fanden unter erhöhter Aufmerksamkeit der internationalen Öffentlichkeit statt, sodass eine blutige Niederschlagung der Demonstrationen wie im Falle des Aufstands im November 2019 unmöglich wurde. Obwohl viele der Demonstranten verhaftet und gefoltert wurden, stellten die neuen Proteste die Legitimät des Regimes mehr als je in Frage.
9. Der oberste Füher der Islamischen Republik, Ali Khamenei, versuchte in seiner Freitagspredigt vom 17. Januar, von der Krise im Land abzulenken, indem er auch die europäischen Staaten angriff. Dies wird die weitere Annäherung der EU an die USA in der Iran-Politik begünstigen.
10. Auch wenn momentan die Kriegsgefahr nicht akut ist, braucht die Islamische Republik eine Atmosphäre internationaler Spannungen, um die eigenen Reihen gegen äußere Feinde zu schließen.
11. Es gibt keine Anzeichen für eine etwaige Entspannung im Verhältnis der Islamischen Republik Iran zu den USA. Trotzdem ist es denkbar, dass unter Vermittlung Dritter eine gewisse Deeskalation einschließlich der Möglichkeit begrenzter Ölausfuhren Irans angebahnt wird. Andererseits kann die Einschaltung des Weltsicherheitsrats durch die Regierungen Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands die nach dem Atomabkommen ausgesetzten UN-Sanktionen gegen Iran wieder in Kraft setzen.
12. Auch wenn das irakische Parlament überstürzt für die Ausweisung US-amarikanischer Truppen stimmte, hat dieser Beschluss in Abwesenheit sunnitischer und kurdischer Abgeordneten kaum Aussicht auf Realisierung. Dennoch profitiert insbesondere Russland von der Entfremdung zwischen den USA und dem Irak.
13. Die Politik der USA und ihrer Verbündeten hat im Mittleren Osten Spannungen geschürt und diese Region zur Bühne von Stellvertreterkriegen gemacht. Die Überwindung dieser Spannungen erfordert direkte Verhandlungen unter Beteiligung aller Konfliktparteien mit dem Ziel der Verhinderung der Ausbreitung von Massenvernichtungswaffen und der Förderung wirtschaftlicher, politischer und kultureller Zusammenarbeit zwischen den Ländern der Region.
14. Die Iranische Linkspartei - Volksfadaian wendet sich sowohl gegen die interventionistische Politik der USA als auch gegen die Provokationen seitens der Islamischen Republik Iran.
15. Der Stellvertreterkrieg der USA und der Islamischen Republik Iran ist eine Verletzung der Unabhängigkeit und der Souveränität des Irak. Die positive Alternative dazu ist die Übernahme einer aktiven Rolle durch die UN.
16. Die Iranische Linkspartei - Volksfadaian sagt Nein zum Krieg, zum Embargo und zur Islamischen Republik. Sie wird keine Kriegstreiber von jeglicher Seite unterstützen. Sie setzt sich für die Überwindung der Islamischen Republik und die Errichtung einer säkularen und demokratischen Republik ein. Dazu setzt sie auf zivile und demokratische Bewegungen in Iran und wendet sich gegen Einmischungen von außen.
Iranische Linkspartei - Volksfadaian
Internationale Beziehungen
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